Das Standardmodell wurde bisher durch Präzisionsmessungen bisher hervorragend bestätigt: Beispielsweise fand man eine ausgezeichnete Übereinstimmung der vorhergesagten und der im Experiment gemessenen Massen und Kopplungsstärken der intermediären Vektorbosonen W, Z).
Im SM werden WW durch Austausch von Eichbosonen vermittelt. Zur Beschreibung der vereinheitlichten elektroschwachen WW benötigt man somit neben dem Photon die massiven W- und Z-Bosonen, wie sie am CERN erstmals 1983 nachgewiesen wurden. Als problematisch erweist sich allerdings die ad-hoc-Einführung von massiven W und Z, da sie prinzipiell die Eichinvarianz, also das grundlegende Konzept des SM, verletzt.
Um Fermionmassen bzw. Massen von W und Z zu erklären wird der Mechanismus der spontanen Symmetriebrechung benötigt: Die GSW-Theorie erklärt einen Mechanismus, der die SU(2) × U(1)-Symmetrie der elektroschwachen WW bricht und Massen durch WW mit einem skalarem Feld erzeugt.
Motivation des Higgs-Feldes. Definiere Masse als Eigenschaft, dass sich ein Teilchen mit gegebener Energie langsamer als mit der natürlichen Geschwindigkeit c bewegt: Irgendetwas hindert das Teilchen folglich daran, sich mit Lichtgeschwindigkeit fortzubewegen.
Diese Behinderung ist mit einer permanenten Wechselwirkung des Teilchens mit einem Hintergrundfeld vergleichbar, also mit einem auch im Vakuum-Grundzustand nicht verschwindenden Feld (vgl. Eindringtiefe im Supraleiter: Sitzt man im SL und weiss nichts vom Abschirmstrom auf Leiteroberfläche, muss man den Feldquanten, den Photonen, eine Masse zuordnen). Man nimmt an, dieses Hintergrundfeld tritt mit allen Teilchen in WW, was dazu führt, dass sie sich so bewegen, als hätten sie eine effektive Masse. Ignoriert man darüberhinaus das Hintergrundfeld (es ist ja ansonsten friedlich), ist es äquivalent, den Teilchen eine Masse proportional ihrer Kopplungsstärke an das Higgs-Feld zuzuordnen.
Higgs-Mechanismus. Hier geht in Analogie zum eben Gesagten man von einem skalaren Hintergrundfeld aus, das im Grundzustand eine von Null verschiedene Amplitude, einen Vakuumerwartungswert áF0ñ ¹ 0 hat. Einen von Null verschiedenen Vakuumerwartungswert erzielt man durch den Ansatz
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Der Higgs-Mechanismus benötigt m2 < 0, damit im Potential V ein Minimum für einen Vakuum-Erwartungswert F ¹ 0 erreicht wird. Kurz nach dem Urknall hatte das Potential V nur ein Minimum. Später kam es nach einiger Abkühlung zu einer spontanen Symmetriebrechung, nach der das Potential wie in Abbildung aussieht.
Im Grundzustand ist also áFñ0 ¹ 0:
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Im einfachsten Fall (SM) benötigt man hierzu ein Dublett
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In dem hier betrachteten ,,Minimales Szenario'' ist das Higgsfeld gemeinsame Quelle der Massen. Das ist nichttrivial: Die Natur könnte komplizierter sein und verschiedene Felder dafür verwenden, die Fermionmassen einerseits und die Vektorboson-Massen andererseits zu generieren. Das Hätte ernsthafte Konsequenzen für laufende Experimente, insbesondere für das b-tagging, das wir weiter unten besprechen werden.
Das Higgs-Boson. Eine direkte Konsequenz des übrigen Freiheitsgrads: Das Higgs-Feld muss sich durch Energiezufuhr auch anregen lassen, und somit erwartet man die Existenz eines physikalischen, neutralen skalaren Teilchens, des Higgs-Bosons.
Tatsächlich ist die Beobachtung des Higgs-Bosons also notwendig zur Bestätigung des Standardmodells: Das SM darf als nicht vollständig getestet gelten, bevor nicht ein Higgs-Boson experimentell entdeckt und seine fundamentalen Eigenschaften untersucht worden sind.
Die GSW-Theorie sagt alle Eigenschaften des Higgs voraus bis auf seine Masse: Die Higgsmasse mH = Ö2l ist im SM also ein freier Parameter wie beispielsweise die Elemente der CKM-Matrix.
Als einzige Informationsquellen bleiben:
Die Higgsmasse per se ist unbekannt, die Theorie gibt keine klaren Vorhersagen:
Minimale Higgsmasse. Untere Grenze mH ³ 10 GeV nur haltbar falls keine Fermionen O(mW±) Þ Effektiv keine untere Higgsmasse angebbar.
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Für L = 1 TeV ergibt sich so keine sinnvolle Einschränkung, für L = 1019 GeV:
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Maximale Higgsmasse.
Breite » Masse: Ab hier macht es keinen Sinn mehr macht, von einem ,,Teilchen'' zu sprechen, eher von einem theoretischen Parameter.
Breite GH µ mH3 für mH > 2mZ, also GH(mH = 1 TeV) = 500 GeV.
Aus der Theorie kommen keine klaren Vorhersagen der Higgsmasse. Viele Messgrößen hängen im SM über Korrekturen höherer Ordnung - also durch Schleifendiagramme - von der Higgs-Masse mH ab: Die Masse des Higgs-Bosons lässt sich so durch indirekte Präzissionsmessungen (am LEP, SLC, Fermilab; sog. ,,electroweak fits'', schön zusammengefasst in, Abschn. 3.4) eingrenzen.
Diese Abhängigkeiten sind zwar nur logarithmisch, aber voneinander unabhängige elektroschwache Hochpräzisionsmessungen von beispielsweise mt (Schleifen mit t-Beteiligung µ mt2 logarithmisch von Higgs-Masse abhängig), sin2qW sowie mZ, mW genau genug, um der Higgsmasse relativ enge Beschränkungen aufzuerlegen. Größte Korrekturen von a.
Wie? Unter der Voraussetzung, dass SM in seiner minimalen Form gültig ist, globaler fit der Theorie an alle experimentellen Messgrössen, in die die Higgs-Masse eingeht. Methode hatte bereits bei indirekter Bestimmung der Top-Masse vor dessen Entdeckung Erfolg.
Tabelle: SM-fits an elektroschwache Präzisionsmessungen, ohne bzw. mit mt- und mW-Messergebnissen:
ohne Kenntnis | mit Kenntnis | |
von mW und mt | von mW und mt | |
mt (GeV) | 167.3+10.5-8.3 | 173.2±4.5 |
mH (GeV) | 55+84-27 | 77+69-39 |
as(mZ2) | 0.1183±0.0026 | 0.1184±0.0026 |
mW (GeV) | 80.366±0.035 | 80.385±0.0022 |
Abbildung [,,] zeigt den besten Schätzwert im Minimum der Dc2-Kurve, der 1s-Fehler liegt an der Stelle Dc2=1. Aus der Kurve liest man ab: mH > 215 GeV bei 95% C. L., ohne Berücksichtigung des experimentellen Ausschlussbereichs.
Mit genauerem a(mZ2):
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SUSY als Lösung? Die simpelste Realisierung einer supersymmetrischen Erweiterung stellt das MSSM (Minimale symmetrische Erweiterung) dar: Solche Erweiterungen des SM, z. B. können kompliziertere Spektra von Higgs-Teilchen aufweisen.
Einfachste Erweiterung des SM: Jedes Fermion und Boson erhält ein supersymmetrisches Partner-Teilchen, also erhalten wir auch 2 Higgs-Dubletts
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deren neutrale Komponenten Vakuum-Erwartungswerte v1 und v2 haben und die beide zu den W- und Z-Massen beitragen: Somit erwarten wir auch 5 physikalische Higgsteilchen:
Minimal Symmetric Standard Model | ||||
h | H | A | H+ | H- |
CP = +1 | CP = -1 | (skalar) | ||
mh < mH | ||||
Mischungswinkel a |
Die Bosonen h und H sind eine Mischung aus fu und fd, die über den Mischungswinkel a zusammenhängen []. Unabhängig sind insgesamt 2 Parameter, die somit zur Beschreibung des MSSM-Higgs-Sektors genügen: Man wählt für gewöhnlich mA sowie den Erwartungswert des Verhältnisses beider Higgs-Felder v2/v1 º tanb (1 <~tanb <~mt/mb).
Im einfachsten SUSY-Modell ist die Masse des leichtesten Higgs abhängig von mt, dem Verhältnis der jetzt zwei Vakuumerwartungswerte v2/v1 º tanb und den Massen anderer SUSY-Teilchen. Für mt = 174 GeV ergibt sich mh <~103 GeV für große tanb. Die Grenze ist kleiner für kleinere tanb.
(Abhängigkeiten durch Strahlungskorrekturen: mH = mH(mt), gH = gH(mt) ® s, BR. Die Korrekturen sind µ mt4 lnm[t\tilde])
Kopplungen von H, h und A an Fermionen hängen von v2/v1 ab und werden im Vergleich zu den SM-Kopplungen entweder verstärkt oder unterdrückt:
f | gfu[`u] | gfd[`d] | gfV[`V] |
h | cosa/sinb | -sina/cosb | sin(b-a) |
H | sina/sinb | cosa/cosb | cos(b-a) |
A | 1/tanb | tanb | 0 |
(u: up-type Fermion, d: down-type Fermion, V: Vektorboson)
Das MSSM gibt verschiedene Relationen der Teilchenmassen vor: mh < mZ, mA < mH, mW± < mH±, sowie ein oberes Limit für die Masse mh(mA,tanb) » 130 GeV für mt = 174.3±5.1 GeV.
Wenn mH und mA ansteigen, nähert sich mh der unteren Massengrenze und seine Eigenschaften werden denen des SM-Higgs immer ähnlicher. In diesem entkoppelten Grenzfall würde die Entdeckung eines einzigen Higgs-Bosons mit SM-Kopplungen das MSSM nicht ausschließen! Findet sich kein Higgs unter 130 GeV würde das allergings gegen MSSM sprechen. In komplizierteren supersymmetrischen Modellen gibt es immer ein Higgsboson mit einer Masse kleiner als 160 GeV.
Im SM sind alle Eigenschaften des Higgs-Bosons bis auf seine Masse bekannt: Also auch Zerfallsbreite, Verzweigungsverhältnisse und Produktionsquerschitte durch Stärke der Yukawa-Kopplungen an Fermionen und Vektorbosonen gegeben.
(60,60) | (60,60) |
gf = [(g mf)/( 2mW±)] | gW = g mW±
W=W±, Z |
Die Kopplungen an W- und Z-Bosonen sind von g (=Kopplungskonstante der SU(2)-Eichtheorie) abhängig.
Auf Baumdiagramm-Ebene kommen keine ggH-, ggH-Vertizes vor, solche Kopplungen erhält man nur mit Fermion-/W-Schleifen.
Mit den Kopplungsstärken berechnen wir für Experimente relevante Zerfälle. Wir betrachten zunächst folgende Higgs-Vertizes:
H®f [`f]
| (1) |
Das letzte Gleichheitszeichen in (1) berücksichtigt 4 Spin-Endzustände sowie einen Spin-Anfangszustand. Für mH >> mf dürfen wir f[`f] durch mH ersetzen:
| (2) |
(multipliziere mit 3/2, um korrekten Ausdruck zu erhalten)
Wichtig: Die ,,naiv'' angenommene Zerfallsbreite G µ amH ist modifiziert mit Faktor ([(mf)/( mW±)])2: H zerfällt hauptsächlich in schwerste kinematisch zugängliche Fermionen, die mit Energieerhaltung möglich sind!
Für mH » 2 mf: Benutze Phasenraumfaktor um Näherung zu modifizieren.
H®WW
| (3) |
(multipliziere mit 3/2, um auch Z mitzunehmen; Phasenraumfaktor nötig, falls mH » 2 mW)
größer als naive Breite G µ amH um Faktor ([(mH)/( mW±)])2
Wichtig: GH wächst schnell mit mH3, in TeV: GH » 1/2MH3
Abbildung zeigt Verzweigungsverhältnisse für Higgs-Zerfall in gg, t+t-, b [`b], t [`t], ç, Z0Z0 und WW als Funktion der Higgs-Masse. Falls mH < 2mZ bzw. 2mW± ist der angegebene Wert die Rate für einen Zerfall in Z0Z0* bzw. WW*. ç-Rate stark abhängig von schlecht bestimmter Masse des charm-Quarks. Hierbei wurden alle ausschlaggebenden Korrekturen höherer Ordnung berücksichtigt.
Unterscheidung der dominierenden Zerfallsmodi: low mass range für mH <~130 GeV und high mass range für mH >~130 GeV:
Low mass range. Einige Kanäle, hauptsächlich:
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(80,60) für mH » 120 GeV: BR 5%
BR beider Prozesse: O(10-3), aber: klare Signale, wenig Untergrund
High mass range:
|
jenseits der Schwelle: s(HWW)/s(HZ0Z0) = 2/1
t [`t]-Kanal ändert sich nicht dramatisch, da GHt [`t] µ mH, GHWW µ mH3
Wir hatten gesehen, dass die zwei Parameter mA, tanb zur Beschreibung des MSSM-Higgs-Sektors ausreichen, alle anderen Massen und Winkel sind aus ihnen auf Tree-Level bestimmbar.
f | gfu[`u] | gfd[`d] | gfVV |
h | cosa/sinb | -sina/cosb | sin(a-b) |
H | sina/sinb | cosa/cosb | cos(b-a) |
A | 1/tanb | tanb | 0 |
LEP1. Bis 1995 wurden Elektronen und Positronen bei einer der Z-Masse entsprechenden Schwerpunktsenergie zur Kollision gebracht: Dabei wurden in den 4 messenden Detektoren jeweils etwa 5 Millionen Z-Zerfälle aufgezeichnet. Hieraus besprochene Präzissionsmessungen der elektroschwachen und starken WW, nicht aber der Higgs-Masse.
LEP2-Phase. Schwerpunktsenergie wurde von 1995 an von ca. 90 GeV sukzessive erhöht bis auf derzeit 202 GeV. Hauptziel war mit die Entdeckung des Higgs.
Bei einem Ring mit Radius R geht die Synchrotronstrahlung wie g4/R2, d. h. größere Ringe sind kaum realisierbar. Bei 100 GeV Strahlenergie verliert ein Elektron immerhin 36 GeV pro Umdrehung! Die Strahlenergie wurde deshalb am LEP sukzessive durch Einbau supraleitender Elemente gesteigert (maximale Luminosität: 1032 cm-1 s-1):
1996 | 20pb-1 | Ös = 161...172 GeV |
1997 | 60pb-1 | Ös = 183 GeV |
1998 | 170pb-1 | Ös = 189 GeV |
1999 | 185pb-1 | Ös = 200 GeV |
2000 | 200pb-1 | Ös = 202 GeV |
Schwerpunktsenergie Ös > 2mW±-Schwelle: Z jetzt on-shell, Suche gemäß Z®ZH®Hf [`f]
Hohe Luminosität und große Rate der am LEP erzeugten Z's erzeugt brauchbare Raten dieses Prozesses. Man hoffte, dieser Prozess würde es erlauben, Sowohl SM-Higgs-Bosonen mit mH > 90 GeV als auch die MSSM-Bosonen mh,mA > 80 GeV, mH± > 70 GeV zu entdecken.
Wichtigster Produktionsprozess am LEP2: ,,Bjorken''- oder Bremsstrahlungs-Prozess (Higgs-Strahlungsprozess). Hierbei wird in e+e--Kollision ein virtuelles Z* erzeugt, das nach Emission eines H reell wird.
(100,80)
Ein anderer Produktionskanal wäre die ZZ/WW-Fusionsprozesse mit e+e-/n[`(n)] im Ausgangskanal. Hier wird das Higgs in Kollision zweier quasi-reeller W oder Z Bosonen erzeugt, die von Elektron-/Positronstrahlen abgestrahlt werden:
(100,80)
Der WWH-Fusionsprozess ist bei LEP2 von untergeordneter Bedeutung, da er nur kleine Querschnitte erzielt. Dominant wird er erst für Ös >> mH+mZ.
Abbildung zeigt Higgs-Produktionsquerschnitte für Fusion bzw. Higgsstrahlung bei Ös = 188.6 GeV. Der Abfall des Produktionsquerschnitts für Higgsstrahlung bei 95 GeV/c2 lässt sich dadurch erklären, dass ab einer gewissen Higgs-Masse das Z nicht mehr on-shell erzeugt werden kann.
Zerfall des Higgs-Bosons: Identifikation im Bjorken-Prozess. Im Energiebereich Ös = 85...100 GeV ist Zerfall H®t [`t], Z0Z0,WW nicht gegeben Þ Zerfall in Fermionen.
Da die Kopplungsstärke des Higgs an Fermionen Hf [`f] µ mf beim Bjorken-Prozess, zerfällt es bevorzugt in schwerste kinematisch erlaubte Teilchen, bei 100 GeV also zu etwa 83% in b [`b], zu etwa 8% in t+t-. Experimente berücksichtigen sowohl H®b [`b] als auch H®t+t-:
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LEP2 ist sensitiv auf b [`b], t+t--Kanäle (93%). Das Z zerfällt mit genau bekannten Verzweigungsverhältnissen von 3.36% in je e+e-, m+m-, t+t-, zu 20.1% in nicht nachweisbare Neutrinos n[`(n)] (fehlende Energie!) sowie zu 69.9% in Hadronen. Durch Kombination der Zerfallsmöglichkeiten erhält man eine Vielzahl von möglichen Endzuständen!
Der vom SM vorhergesagte Produktionsquerschnitt ist leider viel kleiner als der totale e+e--Wirkungsquerschnitt für die Hadronerzeugung: Experimentelle Herausforderung besteht darin, Untergrund so gut wie möglich zu unterdrücken und den verbleibenden Rest so gut zu verstehen, dass ein auftretender Überschuss sicher als Higgs-Produktion interpretiert werden kann.
Die vier Detektoren am LEP als Allzweckdetektoren konzipiert, um möglichst alle bei e+e--Kollisionen erzeugten Teilchen nachzuweisen.
Die Experimente suchen dabei nach allen Higgs-Zerfallsmöglichkeiten:
b-tagging (=Identifikation der b-Quarks) unverzichtbar für effektive Higgs-Suche, da so Untergrund leichter Quarks ausgeschlossen werden kann.
Besonders häufiger Zerfall H®b [`b]: Entstehende B-Hadronen haben relativ lange Lebensdauer von etwa 1.5 ps im Gegensatz zu leichten Hadronen Û Flugstrecke einiger Millimeter! Präzise Mikrovertexdetektoren (Ortsauflösung: 10mm) können entscheiden, ob B-Hadron mit von 0 verschiedener Flugstrecke am Kollisionspunkt entstanden ist oder nicht.
Nachweiseffizienz und Reinheit der b-Quark-Identifikation in letzten Jahren entscheidend verbessert, u. a. mit Hilfe neuronaler Netze.
Paare von Bottom-Quarks mit Nachweiseffizienz von 60 % nachweisbar, Charm- und leichere Paare um Faktor 100 unterdrückt.
Untergrundunterdrückung. Hauptsächlicher Untergrund aus SM bei etwa Ös = 200 GeV:
Das entspricht etwa 20000 Ereignissen pro Jahr gegenüber den erwarteten 50 Higgs-Bosonen bei einer angenommenen Masse von 100 GeV.
Problem: Herausfischen von positiven Ereignissen bzw. sicheres Ausschließen von Higgs-Ereignissen und Angabe zuverlässiger unterer Schranken.
Ereignisauswahl schwierig, da es Ereignisse gibt, die dem Higgs-Signal sehr ähnlich sehen, da sie
Große Teile des Untergrunds sind (leicht) bereinigbar; schwierig: Z®b [`b],t+t- bei mH » mZ
Am störendsten ist ZZ-Paarproduktion e+e-®Z0Z0, da das Z etwa zu 15% in b [`b] zerfällt, und so von einem Higgs etwa gleicher Masse kaum unterscheidbar ist.
Kombination der Signale verschieder Zerfallskanäle und Experimente. Einfache Addition der beobachteten Ereignisse und Vergleich mit ebenfalls addierten Untergrund verschenkt Information, da Überschuss in Kanal höherer Reinheit grössere Signifikanz als in Kanal geringerer Reinheit Þ Statistisch korrekte Behandlung steigert Empfindlichkeit.
Übersicht. Das ZH-Paar aus dem Higgs-Strahlungsprozess führt je nach Endzustand zu verschiedenen Topologien:
In allen bis auf den letzten Zerfallsmodus sucht man mittels b-tagging nach dem Higgs-Teilchen. Daher: b-tagging essentielles Tool!
4 Jets. Das Higgs zerfällt in ein b [`b]-Paar, das Z in ein paar von Quarks: H®b [`b], Z®q [`q], zumeist vorkommender Endzustand mit BR=64.6%
Aber auch Unterdrückung am schwierigsten:
Auswahleffizienz: 40%
Missing Energy Topology: Z zerfällt in nicht nachweisbare Neutrinos, das Higgs-Teilchen demzufolge in zwei Jets, die sich in einer gemeinsamen Ebene befinden: H®b [`b], Z®n[`(n)], BR=18%, AE=40%. Fehlende Energie ermöglicht Abtrennung vom reduziblen Untergrund.
Den Untergrund bilden Ereignisse, deren fehlender Impuls von Teilchen stammt, welche der Detektor eigentlich hätte nachweisen können. Man fordert deswegen, dass der fehlende Impuls parallel zum Strahl klein sein muss, sowie dass dieser nicht in insensitive Bereiche des Detektors zeigen darf. Weiterer Untergrund kommt beispielsweise von b [`b]+2g-Ereignissen (Die Photonen entkommen). Letzterem kann man durch Betrachten der Transversalimpuls-Kinematik entgegensteuern.
Leptonischer Kanal: Z® l[`(l)], l = e, m, BR=6.6%, AE=75%
Fast kein Untergrund, Z gut rekonstruierbar.
Tau-Paar-Ereignisse: Entweder das Z oder das Higgs-Boson zerfallen in ein Tau-Paar. H®b [`b] & Z®t+t- oder H®t+t- & Z®q [`q] (kein b-Tagging möglich!), BR=9.1%, AE < 30%
Tau-Identifizierung schwierig: anderes geladenes Teilchen oft als Zerfall des Tau interpretiert.
Aufgrund der fundamentalen Bedeutung des Higgs-Bosons für SM wurden die Nachweismethoden ständig verfeinert. Gleichzeitig wurde die Strahlenergie zwischen 1995 und 2000 von 161 bis auf 202 GeV Schwerpunktsenergie angehoben.
Allerdings immer noch keine Hinweise auf Higgs-Produktionen: Kandidaten-Ereignisse sowohl von ihrer Art als auch von ihrer Häufigkeit verträglich mit der Annahme, dass es Untergrundereignisse sind.
Aus gemessenen Energien und Impulsen der Kandidaten-Ereignisse lässt sich zugehörige hypothetische Higgs-Masse rekonstruieren:
Figure | Figure |
Figure | Figure |
Kleine Abweichung bei OPAL bei Z-Masse: Wahrscheinlichkeit CLs = 0.05 dass Higgs unentdeckt (CL = 1-CLs).
Detektoren Allzweckdetektoren, ähnlicher Aufbau Þ Unterschiede hauptsächlich aus Statistik. Kleiner Aleph-Wert: Indiz für H, aber wahrscheinlicher: ALEPH nicht über ZZ-Endzustands-Schwelle
Limits. LEP at 189 GeV, Ende 1998.
Angegeben werden kann also die Wahrscheinlichkeit, ob es sich um Higgs-Ereignisse handelt oder nicht
Da im SM berechneter Higgs-Produktionswirkungsquerschnitt genau bekannt, erlauben Nullbeobachtungen eine untere Massengrenze auf einem bestimmten Vertrauensniveau anzugeben. Vorläufige erwartete und beobachtete Ausschlussgrenze:
erwartete Grenze | beobachtet | |
ALEPH | 95.7 | 90.2 |
DELPHI | 94.8 | 95.2 |
L3 | 94.5 | 95.5 |
OPAL | 95.2 | 94.0 |
Die Experimente am LEP erlauben eine große Massenregion für das Higgs auszuschließen: Mit obigen Daten von Ende 1998 Higgs mH < 95.2 GeV auf 95% C. L. ausschließbar. Neue, kürzlich erstmal vorgestellte Analysen geben sogar 108 GeV an.
Auch mH = 0 kann ausgeschlossen werden: Selbst ein masseloses Higgs-Teilchen würde Impuls fortragen, der sich in der Kinematik bzw. im Endzustand des Prozesses Z*®f [`f] bemerkbar machen würde.
Ende von LEP in 2000: alle Experimente Lumi 200pb-1, Ös = 200 GeV. Abbildung gibt sehr optimistisches Entdeckungs-, und Ausschließungspotential:
Suche nach leichten CP = +1 Higgs-Bosonen h sowie nach leichtem pseudoskalarem A.
Experimente am LEP können Massenregionen für das neutrale Higgs ausschliessen. Benutzte Prozesse sind
(Bei LEP2 ist das ausgetauschte Z virtuell, das Z im Endzustand dagegen reell)
Das h würde also analog zum SM-Higgs-Boson im Bremsstrahlungsprozess entstehen, der Wirkungsquerschnitt der hZ0Z0-Kopplung ist allerdings gegenüber dem SM-Wirkungsquerschnitt um Faktor sin2(b-a) unterdrückt.
(Bei LEP1 ist das ausgetauschte Z virtuell)
Beim Z®hA-Prozess hat man eine Unterdrückung um cos2(b-a): Prozess also komplementär zur Bremsstrahlung!
kado/mssm_192-202_lep.ps (-5.9,1.5)(a) | kado/mhtbmax_col.eps (-1.6,1.5)(b) |
Geladene Higgs. Suche nach den geladenen Higgs-Teilchen H±: Higgs-Paarerzeugung in e+e-Vernichtung. Suche durch angenommene BR nach nt, c[`s] sowie c[`b]. Ausgeschlossen durch LEP bis 54.5 GeV.
Das geladene Higgs sollte auch im Top-Zerfall t®H+b auftreten. Suche danach bei CDF schließt aus mH+ < 147 GeV für tanb > 100, wo BR(H+®tn) groß und bei tanb < 1, wo BR(t®H+b) groß. Zwischenregion erforschbar sobald Anzahl von erzeugten Tops ansteigt.
Am Tevatron stehen Ös = 1.8 TeV bei einer Luminosität von L = 1031 cm-2s-1 zur Verfügung (Dezember 1996,), zukünftig: Ös = 2 TeV, L = 1032..33 cm-2s-1.
Falls das Higgs zu schwer sein sollte, um am LEP/LEP2 erzeugt werden zu können, besteht die Möglichkeit, dass dies am Tevatron (Run III/TeV33) mittels Prozessen p [`p]® HWX und p [`p]® HZX machbar ist. Falls auch das misslingt, wird man auf LHC-Experimente warten müssen. Falls die Higgsmasse grösser als 2mZ, wird es wahrscheinlich entdeckt durch seinen Zerfall in ZZ (und weiter in Leptonen).
Herausfordernd ist die Region zwischen dem LEP-Limit und 2mZ. An ihrem oberen Rand erwartet man einen Zerfall in ZZ* (und weiter in geladene Leptonen).
Zerfallsrate des Higgs in den ZZ-Kanal fällt mit kleiner werdender Higgs-Masse schnell ab und wird klein für mH <~140 GeV. Für kleinere Massen wird man H®gg und womöglich H®b [`b] verwenden müssen. Für den gg-Kanal ergibt sich eine kleine BR und ein großer Untergrund, für den b [`b]-Kanal eine große BR, aber ein noch grösserer Untergrund sowie ein schwierig zu rekonstruierender Endzustand.
Hauptsächlicher Hintergrund:
|
Die jeweiligen Wirkungsquerschitte sind von derselben Größe wie die für den q [`q]®WH-Prozess: Gute Auflösung der invarianten b [`b]-Masse nötig!
Suchen nach MSSM-Higgsteilchen: Hier scheint als einzig sinnvoll zu untersuchender Prozess Wh-Strahlung mit nachfolgendem Zerfall h®b [`b] zu sein. q [`q]®Ah hat zu kleinen Wirkungsquerschnitt (wie q [`q]®ZH).
Aufgaben des LHC in Bezug auf den Higgs-Sektor:
Hauptsächliche Produktionsmechanismen:
Gluon-Fusion ist der dominante Prozess (s = O(10pb)) auf der gesamten durch das SM vorgegebenen Higgs-Massenskala, die WW/ZZ-Fusion (s = O(pb)) wird mit zunehmender Higgs-Masse einflussreicher. Die beiden Strahlungsprozesse sind nur bei leichten Massen von Bedeutung (s eine Größenordnung kleiner).
gg-Fusion. In interessierender Massenregion 100 GeV < mH < 200 GeV (bzw. bis hinauf zu 1 TeV) dominiert Gluon-Fusions-Prozess, der hier in niedrigster Ordnung dargestellt ist:
Picture Omitted
WW/Z0Z0-Fusion. Hier muss unter Umständen der Einfluss weiterer Diagramme berücksichtigt werden, die irreduziblen Untergrund zur WW/ZZ-Fusion beitragen können. Mit
|
(100,80) | (100,80) | (100,80) |
|
Wenn wir davon ausgehen, dass die Higgs-Masse sehr gross ist (mH®¥), wird der erste Term in M sehr klein werden, d. h. M » f(s,mW±2). Da nun aber f µ s und f nicht von mH abhängt, wird M µ s steigen und man selbst dann WW/ZZ-Beiträge erhalten, falls mH®¥.
Zerfallskanäle. Wirkungsquerschnitte bei pp-Collidern, insbesondere am LHC, versprechen Produktion einer moderaten Anzahl von Higgs-Teilchen: Bei einer angestrebten Luminosität von 1033...1034cm-2 s-1 und einem Wirkungsquerschnitt von s = 1pb erhält man 104...105 events/Jahr.
Experimentell schwierig ist die riesige Anzahl an Untergrund-Ereignissen. Diesem Problem möchte man sich entweder durch triggern auf die leptonsichen Zerfallskanäle der W's, Z's und t's in den Strahlungsprozessen stellen, oder aber durch Ausnutzen der Resonanzstrukturen, die die Higgs-Zerfälle H®gg bzw. H®Z0Z0®4l± aufweisen. Während Tevatron dies in der Region 110 GeV...120 GeV tun soll, wird LHC die gesamte SM-Higgs-Massenregion bis 700 GeV abdecken.
Erwartete Signale - high mass mH >~130 GeV.
Für mH > 700 GeV Suchstrategien komplizierter...
Erwartete Signale - low mass mH <~130 GeV.
Hier ist das Verzweigungsverhältnis BR(H®ZZ(*)) zu klein; Prozesse H®b [`b] sind unbrauchbar wegen großem QCD-jet-Untergrund.
gg®H®gg für mH <~150 GeV: Als schmaler Peak (gute Statistik!) invarianter H-Masse (gg) mit allerdings nicht unerheblichem 2g-Untergrund
Þ seltenen gg-Zerfallskanal verwenden: BR = O(10-3), d. h. bei òL = 100fb-1 hat man O(103) Events/Jahr, aber einen beträchtlichen Untergrund:
p [`p]®WH und p [`p]®t [`t]H vielversprechend falls gutes micro-vertexing und b-tagging
Situation schwieriger:
Zusammenfassung der versch. Signale:
mH nahe seines Maximums: SM-like situation mit mH » 80...130 GeV
Þ A,H®t+t--Kanal muss für grosse tanb verwendet werden, der allerdings für SM Higgs hoffnungslos ist.
für kleine tanb unter t [`t]-Schwelle:
H®hh®b [`b]b [`b] sowie A®hZ®Zb [`b] haben große BR, mit b-tagging
Alle diese Kanäle unter der Annahme, dass Zerfälle in andere SUSY-Teilchen kinematisch verboten. Diese Annahme ist aber eher unwahrscheinlich, da wenigstens Zerfälle der schweren A, H, H± in charginos oder neutralinos möglich sein müssten. Damit ist die Entdeckung dieser Higgs-Bosonen noch schwieriger. Sind die leichtesten Neutralinos leichter als mh/2, wird es so gut wie unmöglich sein, das leichteste sowie alle weiteren Higgs-Teilchen am LHC zu finden.
e+e--Collider mit Schwerpunktsenergien bei 500 GeV:
zu 1. geht mit s = 1/s ®: Dominant bei kleinen Energien
zu 2. s = log(s/mH2) bei hohen Energien.
Bei 500 GeV haben beide Prozesse einen ungefähr gleich großen Produktions-Querschnitt in der Region 100 GeV <~mH <~200 GeV.
Mit òL » 50 fb-1: » 2000events/year, sollte für Entdeckung und einige Untersuchungen ausreichen
zu 3.+4. viel kleinere Produktionsquerschnitte, aber sinnvoll für Untersuchung der Higgs-Eigenschaften.
Weitere Bemerkungen zu 1.) Z monoenergetisch: Z®m+m- eindeutig nachweisbar.
Kleine Higgsmasse ( < 130: e+e-®Z0Z0 liefert grössten Untegrund: s groß. Reduzierbar:
Regionen in denen H®WW* dominant: Haupts. Untergrund e+e-®WWW durch 2 Potenzen elektroschwacher Kopplung kleiner.
Weitere Bemerkungen zu 2.) WW Fusion: Komplementär!
Simulationen: wenige fb-1 Þ 5s Signal für Higgs <~140 GeV in einem 500- GeV-Collider
LMR. H schmaler Peak im gg invarianten Massenspektrum. ATLAS/CMS: Auflösung » 1 GeV: gute Messungen falls durch 2g Zerfall entdeckt
HMR. Masse größer 250 GeV: Briete grösser als expt. 4l±-Auflösung: Direkt messbar.
HWW/HZZ Kopplungen messbar, da H®t [`t] Verzweigungsverhältnis eher klein (Proportionalitäten!)
4l± Rate µ s(gg®H)·BR(H®Z0Z0) ÞG(H®gg)
SM Higgs-Bosonen bis O(1 TeV) entdeckbar.
SUSY Higgs schwieriger, vor allem falls die Kinematik Zerfälle in andere SUSY-Teilchen erlaubt Þ In gewissen Massenregionen Wahrscheinlichkeit, dass gar kein Higgs gefunden wird.
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Zuletzt geändert: 07/06/00. |